Konzertkritik Neue Presse Coburg

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LATIN FLAIR IM KONGRESSHAUS 

Maja Engelhardt, 06.07.2021

Judith Tellado und Paulo Pereira faszinieren ihr Publikum im Kongresshaus. Die temperamentvollen Musiker begeistern mit variantenreichem Jazz und witzigen Anekdoten.

Coburg – Mit dem Singen hat sie, ihrer Meinung nach, erst „spät“ angefangen, mit 30, ein Jahr, nachdem sie nach Deutschland kam, doch es hat sich gelohnt: mit einer fantastischen Stimme begeistert die gebürtige Puerto-Ricanerin Judith Tellado im Kongresshaus Rosengarten ihr fasziniertes Publikum. Mit im Gepäck hat das karibische Energiebündel den deutsch-portugiesischen Saxofonisten Paulo Pereira sowie Ehemann Georg Sheljasov am Klavier und an der Gitarre, Werner Kolb am Kontrabass und Knud Feddersen als Schlagzeuger. Das Quintett, das aus Einladung des „Vereins e.V.“ Coburg in die Vestestadt kam, hat sich den verschiedenen Richtungen des Jazz verschrieben, doch auch Samba, Blues und Bossa Nova fließen in die Musik mit ein. In Coburg präsentiert die Truppe überwiegend Songs aus dem Album „Galego“, das als erstes gemeinsames von Tellado und Pereira 2020 erschienen ist. „Galego“ bedeutet „Galizier“ und ist die mehr oder weniger freundliche Bezeichnung, die Brasilianer den Portugiesen geben. Doch Judith Tellado möchte der Sprache huldigen: Sie schreibt die Texte, zu denen Paulo Pereira die Kompositionen liefert, nicht nur in ihrer Muttersprache Spanisch und auf Englisch, sondern auch auf Portugiesisch. Und da erscheinen dann Personen, die sie kennt: Freundinnen, die Schwester und nach zehn Jahren dann „endlich“ auch der Ehemann. „Mir fiel auf, dass es für den wichtigsten Menschen der Welt kein Lied gab“, bekennt sie lachend, doch das änderte sich. Ein Liebeslied für Georg Sheljasov entsteht.

Interessante Geschichten

Zu jedem Song gibt es eine kleine Anekdote, die Worte fliegen zwischen Tellado und Pereira auf amüsante Weise hin und her. Klamauk und Lachen inbegriffen. Sie haben Spaß zusammen und harmonieren auch musikalisch perfekt. Pereira entlockt seinem Sax die Töne, die gedanklich in die Ferne schweifen lassen, amerikanisches Flair inbegriffen. Der Musiker mit dem gar nicht so portugiesischen, sondern vielmehr ostfriesischen Akzent, hat in Boston gelebt und dort auf den Dächern gespielt und heftig gefeiert. Auch mal ohne Hose, glaubt man seiner Musikpartnerin. Der „Rooftop Groove“ erzählt davon. Die beiden entführen zu Ausflügen nach Lissabon mit „Nobreza Silenciosa“, in dem die Sehnsucht nach der Schönheit dieser Stadt durchklingt und gedenken eines verstorbenen Musikerkollegen in „Right said Eddy“. Temperamentvoll ruft Judith Tellado das Coburger Publikum zum Mitschnippen und Klatschen auf, doch die Fans sind eher die stillen Genießer. Wie sehr sie allerdings von der Musik des Quintetts begeistert sind, zeigt sich im minutenlangen Applaus. Natürlich gibt es dann „ein halbes Stück“ als Zugabe. Am Schluss sind es sogar zwei.

Bildunterschrift – Stimm- und lungengewaltig: Judith Tellado und Paulo Pereira präsentieren eigene Jazzkompositionen.